16.06.2000  Schwimmende Bühne, Teil II: Nachtschichten für die EXPO

Der Ortsverband Ludwigshafen unterstützte ein internationales Theaterkulturprojekt auf der Weltausstellung EXPO in Hannover. Dazu wurde eine schwimmende Plattform mit Aufbauten sowie mehrere Schwimmstege als Bühne im Wasser eines Sees im Park-Süd der EXPO gebaut.

Es durfte dort nur nachts, zwischen 21.00 Uhr und 08.00 Uhr gebaut werden, da laut Messeleitung die Besucherströme nicht behindert werden durften. So kam es Mitte Juni und Anfang Juli zu den Nachtschichten für die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer aus Ludwigshafen am Rhein.

Eine Woche nachdem die schwimmende Bühne im Hafen von Sankt Goarshausen am Fuße der Loreley abgebaut worden war, startete am Freitag, den 16. Juni, ein Konvoi mit dem Baumaterial Richtung Norden. Da laut Geschäftsstelle Hannover alle Ortsverbände in diesem Bereich mit der EXPO-Einsatzbereitschaft voll ausgelastet sind, bot uns der nächstgelegene Ortsverband Celle mit seiner großen Unterkunft Quartier. Dort kamen der MTW, die zwei Hänger und die Sattelzüge (vollgeladen mit Material) nach 7,5stündiger Fahrt an. Nun hieß es warten, denn erst um 21.00 Uhr bekamen wir auf dem Messegelände Einlass und ein gemieteter Mobilkran (60t) stand zum Abladen bereit. Mit dem MTW startete ein Erkundungstrupp gegen 18.00 Uhr zum EXPO-Gelände nach Hannover, um die Baustelle zu inspizieren, da keiner von uns vorher auf dem EXPO-Gelände war.

Nachdem im Logistikzentrum (einem Speditionshof) alles zur Zufriedenheit der "Wichtigen" abgeklärt war und die Großfahrzeuge aus Celle nachgekommen waren, konnten wir endlich auf das Gelände und mit dem Aufbau beginnen. Am Bauplatz angekommen, der ganz im Süden des Park-Süd an einem Regenrückhaltebecken lag, begann noch im Hellen das große Ab- und Umladen, da beim Abbau an der Loreley nach Größe und Gewicht der Teile, aber nicht nach Baureihenfolge verladen worden war. Dies war nötig gewesen, da nur begrenzter Laderaum zur Verfügung stand. Es konnten schließlich die 8,80m Halbpontons zu Wasser gelassen werden und mittels der sechs 2-Trägerstrecken sowie Fahrbahnplatten schnell eine schwimmende Plattform gebaut werden. Auf diese wurde die Basis der Gerüstkonstruktion gestellt, die das Bühnenbild darstellte. Parallel dazu wurden die Fahrbahnplatten abgeladen und zu Schwimmstegen verbunden.

Mittlerweile war es dunkel geworden. Die anfänglich noch zahlreichen Schaulustigen hatten sich zurückgezogen, denn die Ausstellungspavillons schlossen um 22.30 Uhr. Vom Park-Nord zuckte ein grünlicher Laserstrahl über unsere Köpfe, der zu der abendlichen Show "Flambée-Human Facets" gehört. Um 00.00 Uhr wurde auch die teilweise sehr umfangreiche und farbenprächtige Außenbeleuchtung der Pavillons abgeschaltet. An unserer Baustelle wurde jedoch im Lichtkegel der aufgestellten Halogenscheinwerfer ohne Pause weitergearbeitet. Die Schwimmstege nahmen ihre Endform an mit einer großen zusammenhängenden Fläche in der Mitte und zwei U-förmigen Laufflächen rechts und links. Insgesamt über 65 lfd. Meter Stege. Alle Fahrbahnplattenverbinder wurden dabei verkehrt herum, d. h. mit der Flügelmutter nach unten ins Wasser, eingebaut. Dies war nötig, da sonst eine zu große Verletzungsgefahr für die Schauspieler bestand. Es führte aber bei den Erbauern zu nassen Armen bis zum Ellenbogen.

Um 06:00 Uhr früh verließen wir das Messegelände und fuhren nach Celle zurück, um uns schlafen zu legen. So gegen 13:30 Uhr erwachten auch die letzten durch die strahlende Sonne die ungehemmt in die Lehrsäle schien. So duschten wir und machten "Frühstück", das für die ankommende Hauptbaumannschaft das Mittagessen war. Sie war um 08:00 Uhr mit dem Omnibus des Länderverbands von Ludwigshafen aus gestartet. Nun wurden Informationen ausgetauscht und ein Ablaufplan für die zweite Baunacht besprochen. Dann war wieder Warten auf den Abend angesagt. Mit der erweiterten Baumannschaft fuhren wir dann wieder nach Hannover (Fahrzeit ca. 1 Stunde) zum Messegelände und arbeiteten weiter. Nun ging es vor allem darum, die zwei Flügel des Gerüstaufbaus auf der schwimmenden Plattform genau wiederherzustellen. Die anwesenden dänischen Bühnenbauer achteten dabei besonders auf die Exaktheit in den Maßen und Winkeln. Sie mussten im Anschluss an unsere Arbeiten die Flügel mit Stoff verkleiden der ja schon an der Loreley passend zugeschnitten worden war. So hatten wir nur eine Toleranz von +/- 1 cm.

Sie hatten viele Markierungen an den Stangen gemacht und Detailfotos des Rohrfachwerks, die uns halfen. Da fast alle Verbindungen aus Rohrschellen zum Schrauben bestanden war einiges an Schraubarbeit nötig. Auch musste vieles ausgerichtet werden, um z.B. mit den Gitterträgern parallel zu sein. Da hieß es zum wiederholten Mal: Kran anschlagen, Schraube lösen, Träger anziehen, festschrauben. Aber wir schafften schließlich auch das und konnten am Morgen mit dem Verschrauben des Holzbelags beginnen. Dann bekamen wir noch eine Zusatzaufgabe als Krönung. In den vorderen, steilen Flügel sollte ein 12 Meter langes Förderband eingebaut werden, auf dem die Akteure während der Aufführung "zur Klippenspitze schweben". Das Problem lang nicht an der Größe oder dem Gewicht sondern daran, dass das Förderband nur für unterstützende Last konstruiert war und bei falscher Belastung auseinander zu brechen drohte. Zusätzlich musste es noch schräg an den Kran angehängt werden, da es ja auch in einer Schräge auf dem Gerüstsystem abgelegt werden sollte. Mit einer mehrfachen Aufhängung aus Hebebändern und Ratschenspanngurten sowie der Routine des erfahrenen Kranführers lösen wir auch dieses Problem. So konnten wir diesmal um 05:00 Uhr früh das Messegelände verlassen, um nach Celle zurückzufahren. Dort stellten wir unsere Fahrzeuge und die Anhänger/Auflieger im OV ab, und stiegen nach einem Frühstück um in den Omnibus um zu schlafen. Dieser brachte uns mit einem ausgeschlafenen Fahrer in einer staufreien Fahrt wohlbehalten zurück nach Ludwigshafen am Rhein.

3 Wochen später, am 8. Juli fuhren wir dann alle mit dem Omnibus wieder nach Celle. Dort übernahmen wir unsere abgestellten Fahrzeuge und Anhänger, um am Abend wieder gen Hannover zu fahren. Bei nasskaltem Schauerwetter begannen wir um 20.30 Uhr mit dem Abbau. Dieser lief sehr zügig an, da jeder die drohenden Regenwolken sehen konnte und keiner gerne im Feuchten auf den Rohren balanciert. Die Beleuchtung der Einsatzstelle übernahmen die Kollegen aus dem OV Celle mit ihrer Lichtgiraffe, die somit auch zu einem Einsatz auf der EXPO kamen. Da beim Abbau nicht auf den cm geschaut wurde, lief es auch recht flott. Die abgebauten Teile wurden vorsortiert und grob gereinigt. Nachdem alles verladen war, konnten wir schon um 03:30 Uhr nach Celle fahren. In Celle angekommen machten wir Frühstück und wechselten die Fahrer aus. Ersatzfahrer für jedes Fahrzeug hatten die Nacht im OV Celle verbracht und geschlafen. Mit diesen ausgeruhten Kräften am Steuer verließen wir Celle und fuhren nach Hause.

Fazit:

Die außergewöhnliche Aufgabe reizte uns und sie bot ausreichend Gelegenheit verschiedenste Ausbildungsthemen aufzufrischen. Neben planbaren Aufgaben gab es auch etliches Unbekanntes zu lösen. Dies war ein gutes Training für Einsätze. Auch das zeitversetzte Arbeiten für nicht Schichtarbeiter war eine Erfahrung. Die gestellten Aufgaben lösten wir trotz Stress zur Zufriedenheit aller und hatten auch unsern Spaß dabei. Den 36 Helfern hat es Spaß gemacht - auch wenn 28 Tonnen an Material bewegt wurden. Mit den 6 Fahrzeugen und 4 Anhänger/Auflieger wurden über 3000 km gefahren. Es gab keinen Unfall und auch technisch hielt fast alles den Belastungen stand.

Text: Dirk Armbrust, OV Ludwigshafen

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