29.04.2000  Schwimmende Bühne, Teil I: Bühnenbau an der Loreley

Alles fing ganz harmlos an, mit ein paar gefaxten Skizzen auf denen absonderliche Gebilde zu erkennen waren. Die englischen oder teilweise auch dänischen Erklärungen halfen uns am Anfang nicht viel weiter. Im Laufe der Zeit kristallisierte sich der Zweck der Gebilde heraus. Wir - der Ortsverband Ludwigshafen am Rhein - sollten für eine Theateraufführung im Rahmen des Kultursommers Rheinland-Pfalz die Bühne bauen.

Gefordert war eine schwimmende Plattform auf der ein Bühnenaufbau, der aus zwei Flügeln bestehen sollte, angebracht war. Außerdem sollte um den Vordergrund der schwimmenden Bühne und an ihren Seiten eine nicht sichtbare (versenkte) Lauffläche sein.

Nachdem die Vorgaben standen, machten wir uns an die Planung. Als Unterbau der Bühne wurden zwei Pontons mit Hauptträgern und Fahrbahnplatten eingedeckt. Soweit verlief alles nach Standardanweisungen. Für die versenkbaren Laufflächen wurden auch Fahrbahnplatten genommen. Diese wurden teilweise mit U-Schienen verbunden, um die Verwindungssteifheit zu erhöhen.

Der Aufbau auf der Plattform stellte uns vor größere Probleme. Mit einer benachbarten Gerüstbaufirma tüftelten wir den Aufbau aus, der den Erfordernissen der Künstler (aber auch der Statik) gerecht wurde. Nachdem wir alles, was wir brauchten, zusammen hatten, machten wir vorsichtshalber bei uns im OV ein Probelauf. Der Aufbau der Fährenplattform war für unsere Fachgruppe Wassergefahren ja kein Problem. Dann machten wir uns an die Arbeit. Mit Unterstützung der Gerüstbaufirma schafften wir es, den Aufbau in gut fünf Stunden hinzubekommen. Das stimmte uns optimistisch für den kommenden, realen Aufbau. Auch die Änderungen. die der Statiker forderte, wären für uns, bis auf ein paar Kleinigkeiten, ein Kinderspiel gewesen.

Am 29. April um 06:00 Uhr verließ ein Verband von THW-Fahrzeugen Ludwigshafen in Richtung St. Goarshausen. Er bestand aus einem MTW, einem Mehrzweckfahrzeug für die Küche, einem LKW-Kipper, einem GKW I mit Pontonanhänger, einem LKW mit Ladekran (10mt) und einem Containeranhänger sowie einem Sattelzug aus Lampertheim und Dillenburg.  An der Fähre zwischen Bingen und Rüdesheim stieß noch der Kranwagen (28t) des OV Bad Kreuznach zu uns.

Nach der Ankunft am Loreleyhafen in St. Goarshausen lief erst mal alles nach Plan. Die Pontons wurden rasch zu Wasser gelassen und die Plattform aufgebaut. Auch das Grundgerüst für die Bühne wurde schnell aufgestellt. Erst als es an die Flügel ging, begannen die Probleme.

Die anwesenden Bühnenbauer des Ensemble  “Teatret Cantabile 22” aus Dänemark hatten ihre ersten Änderungswünsche. Nun ja, aus einem Problem erwächst das nächste und so weiter. Jedenfalls wurde unsere Zeitvorstellung für den Aufbau pulverisiert. Da wir auch noch die Flügel mit Holz eindecken sollten und für Gerüstverbreiterungen keine Standardteile zur Verfügung standen, zogen sich die Arbeiten ziemlich in die Länge. Auch die Verständigung mit den Bühenbauern war nicht immer ganz einfach, unser Dänisch ist nicht so perfekt, ganz zu schweigen von unserem pfälzischen Englisch. Aber wir sind nicht beim THW, um uns von so etwas abschrecken zu lassen. Lange Rede kurzer Sinn: der Aufbau zog sich und zog sich.

Nach 16 Stunden reiner Bauzeit stand das Bühnengerüst und die Laufflächen waren zu Wasser gelassen und mit Hilfe eines Tauchers fachgerecht verbunden. Es war mittlerweile der nächste Tag angebrochen. Um 01:00 Uhr verließen wir die Baustelle, um uns in Richtung Ludwigshafen auf den Heimweg zu machen. Da wir die Fähre nicht mehr benutzen konnten, da sie ihren Betrieb eingestellt hatte, mussten wir einen Umweg fahren bis zur nächsten festen Brücke bei Wiesbaden, der uns einige Zeit kostete. So um 03:00 Uhr morgens kamen wir dann in Ludwigshafen an. Die Fahrzeuge wurden noch zum Teil entladen und die Einsatzbereitschaft wieder hergestellt, so dass wir nach gut 22 Stunden Dienst unseren Feierabend hatten.

Nachtrag:

Am 10. Juni haben wir alles wieder abgebaut (Dienstzeit diesmal 18 Stunden) und verladen, um am 16. Juni in Richtung Hannover in Bewegung zu starten. Dort sollte die ganze Bühne wieder aufgebaut werden. Diesmal in reiner Nachtarbeit, um die Besucher der Expo nicht zu stören. Quartier bot uns der OV Celle.

Text: Ralf Schölles, OV Ludwigshafen
Fotos: Dirk Armbrust, OV Ludwigshafen

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